„Save the Internet“ (engl.: „Rettet das Internet“) ist eine Kampagne zur Sicherung der Netzneutralität, die mehrere Nichtregierungsorganisationen ins Leben gerufen haben. Was sich hinter den Demonstrationen zur Rettung des Internets verbirgt und was Netzneutralität bedeutet, erfahren Sie im folgenden Artikel.
Das bedeutet Netzneutralität
Hinter dem Begriff der Netzneutralität steckt die Gleichberechtigung der Datenübertragung. Somit haben Dienste im Internet – unabhängig von ihrer Datenrate – die gleiche Möglichkeit, Daten zu übertragen und zu senden.
Die Bundesnetzagentur betont hierbei, dass alle Netzbetreiber gleichberechtigt sind, Inhalte mit gleicher Geschwindigkeit und Qualität über das Internet zu versenden. Das passiert ganz unabhängig von der Datenmenge sowie dem Startpunkt und Ziel.
Die Bundesnetzagentur spricht dabei vom „Best-Effort-Prinzip“, also dem „Prinzip der größten Bemühung“. Demnach werden Datenpakete nach der aktuellen Auslastung des Systems transportiert und bedürfen keinem spezifischen Eingriff des Menschen zur Koordination des Datenverkehrs.
Die Übertragung von Daten erfolgt immer nach der Reihenfolge des Eintreffens. Folglich gibt es keine wichtigen oder unwichtigen Inhalte. Diese Neutralität bildet die Basis für ein offen zugängliches sowie freies Internet.
Rettet das Internet – Das steckt hinter den Petitionen, Demos und Protesten
Die Ursache für die Bewegung „Save the Internet“ bildet ein Gesetzgebungsverfahren des Europäischen Parlaments, das bereits im Jahr 2013 begann. Hier wurde von der EU-Kommission eine Verordnung zur Telekommunikation vorgeschlagen, die Richtlinien im Bereich Netzneutralität enthielt.
Zwar war ein Ziel die Neutralität sicherzustellen, die Gesetzesentwürfe bezweckten jedoch das Gegenteil. Ein ursprünglicher Grund dafür war der Vorschlag von sogenannten Spezialdiensten.
Das sind Spezialdienste
Mit dem ersten Entwurf der EU-Verordnung zu Spezialdiensten ist die Einführung von „Specialised Services, Managed Services“ (engl.: priorisierte Dienste) gemeint. Sie unterstützen Netzbetreiber, bestimmte Dienste und Internet-Plattformen in hoher Qualität mit extra Kosten anzubieten.
Mobilfunk-Anbieter zum Beispiel nutzen diese Methode schon seit Jahren und beschränken das Datenvolumen durch Flatrates. Da es sich hier um individuelle Dienste handelt, ist die Neutralität der Daten kaum in Gefahr. Anders sieht es bei bisher frei zugänglichen Online-Diensten aus, die damit eingeschränkt werden könnten. Viele Menschen haben die Sorge, dass sie sich zukünftig nicht mehr so einfach und schnell Informationen im Netz einholen können.
Die Auswirkung der Aufhebung der Neutralität
Eine Aufhebung der Netzneutralität könnte zu einer bevorzugten Behandlung bestimmter Anbieter und Netzbetreiber von verschiedenen Internetdiensten, Webseiten und Anwendungen führen.
Ein Beispiel: Telefonate erfordern geringere Datenraten als Streaming-Dienste für Videos. Eine Beendigung der Gleichbehandlung könnte bedeuten, dass Telefonate vorgezogen werden und störungsfreier laufen. Das Video startet hingegen erst nach einigen Sekunden oder gerät sogar ins Stocken.
Das wirkt auf den ersten Blick nicht dramatisch, kann jedoch weitreichende politische und wirtschaftliche Auswirkungen haben. Denn hebt man die Neutralität auf, dürften Internetprovider bisher gewohnte Dienste und Anwendungen für die breite Bevölkerung großflächig ausgliedern und einen Zugang nur gegen Entgelt gewähren.
Das würde sowohl Nutzer als auch Anbieter von Internetdiensten betreffen. Kunden müssten zum Beispiel mehr bezahlen, um digitale Videos störungsfrei anzuschauen. Doch auch für neue oder kleine Firmen, Vereine und nicht kommerzielle Plattformen können sich Schwierigkeiten ergeben.
Eine Folge sind beispielsweise Wettbewerbsnachteile und weitreichende Markteintrittsbarrieren für kleinere Unternehmen. Denn diese müssten zusätzlich in den Geldbeutel greifen, damit ihre Daten genauso schnell zu den Nutzern gelangen, wie die der zahlungskräftigen Unternehmen. Zu diesen Internetriesen gehören zum Beispiel YouTube, Facebook, Twitter oder Spotify.
Massenproteste und EU-weite Demonstrationen
Mögliche Einschränkungen und Zensuren haben im Laufe der Jahre zunehmend ein offenes Netz gefährdet. Viele Einzelpersonen, digitale Plattformen, netzpolitische Vereinigungen und Parteien, wie unter anderem die Piratenpartei, riefen daher im Jahre 2018 mit einer Petition die Bewegung „Save the Internet“. Gemeinsam sammelten sie über eine halbe Million Unterschriften gegen die Reformen des EU-Parlamentes.
Dies führte zu einem ersten Erfolg und zu weiteren Verhandlungen. Demonstrationen und Protestaktionen trugen die digitale Bewegung zunehmend auf die Straße. Ob in Berlin am Brandenburger Tor, in München oder vielen weiteren Städten im gesamten Europa – bis heute gibt es Demos und Proteste mit mehreren Tausenden Demonstranten, die sich für ein frei zugängliches Netz einsetzen.
Artikel 13 und Netzneutralität
Besonders viele junge Menschen sorgen sich darum, dass die Meinungsfreiheit im Netz eingeschränkt werden könnte. Heute bezieht sich die Kampagne „Rettet das Internet“ auf die aktuelle Version der EU-Urheberrechtsreform. Dabei stehen speziell die Artikel 15 und 17 (früher Artikel 11 und Artikel 13) in der Kritik. Nach Artikel 13/17 müssen Anbieter den Schutz von frei zugänglichen Inhalten auf ihren Websites gewährleisten, wenn diese einem Urheberrecht unterliegen.
Viele Gegner des Artikels 13 befürchten, dass damit verbundene Kontrollen nur mit bestimmter Software bzw. Uploadfiltern umsetzbar wären und stimmen deshalb gegen die Urheberrechtsreform. Sogenannte Uploadfilter müssten beispielsweise alle Inhalte auf Plattformen wie YouTube scannen und überprüfen, ob der jeweilige Nutzer die Rechte zum Hochladen hat. Ist dies nicht der Fall, wird eine Veröffentlichung verhindert.
VieleKritiker warnen deshalb vor einer weitreichenden Zensur und protestieren gegen Einschränkungen in der Meinungsfreiheit. Außerdem entstehen bei der Einrichtung der Kontrollinstanzen sehr hohen Kosten. Kleine Unternehmen und nicht-kommerzielle Anbieter, wie zum Beispiel Forenbetreiber, könnten sich die Maßnahmen finanziell gar nicht leisten. Dementsprechend würden große Online-Dienste mehr Wettbewerbsvorteile erhalten.
Aktuelle Entwicklung rund um das Thema Netzneutralität
Letztendlich entschieden sich die EU-Staaten für die umstrittene Urheberrechtsreform. Trotz aller Proteste, Petitionen und Demos konnte die Einrichtung von Uploadfiltern nicht ganz verhindert werden. Die Politik ist inzwischen für die Gefahren sensibilisiert, die Bewegung „Rettet das Internet“ wird trotzdem so schnell kein Ende nehmen. Viele weitere Fragen rund um Netzneutralität, Urheberrechte und ein freies Internet werden voraussichtlich auch zukünftig aktuell bleiben. Viele Kritiker und besonders junge Menschen werden sich wohl auch weiterhin im Rahmen von Demonstrationen für ein offenes Internet und eine freie Meinungsäußerung im Netz einsetzen.